Sozialversicherung & Reitlehrerin

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Die Tätigkeit einer Reitlehrerin kann im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung er­bracht werden. Dafür spricht, dass die Reitlehrerin die vereinseigenen Pferde sowie die Reithalle unentgeltlich nutzen kann und sie kein unternehmerisches Risiko trägt.

Quelle    LSG Hessen, Urteil 02.05.2024 [Aktenzeichen L 1 BA 22/23].

Selbstständige Tätigkeit einer Reitlehrerin

Eine Reitlehrerin unterrichtete Mitglieder eines gemeinnützigen Reitvereins mit den vereinseigenen Schulpferden (einschließlich Sättel und Zaumzeug) auf dem Vereinsgelände zwischen 12 und 20 Stunden wöchentlich. Der Verein zahlte pro Reitstunde 18 €. Die Deutsche Rentenversicherung prüfte den Betrieb des Reitvereins. Sie stellte fest, dass die Reitlehrerin abhängig beschäftigt war. Diese Auffassung bestätigte das Hessisches Landessozialgericht.

Das LSG stellt zunächst klar, dass die Reitlehrerin eine Lehrtätigkeit ausübte, die sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden kann.

Nach Auffassung des LSG überwogen aber die Anhaltspunkte für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung:

  • Die Reitlehrerin trug kein – auch kein „relativiertes“ – unternehmerisches Risiko. Sie erhielt einen festen Stundensatz und hatte keine Aufwendungen für Werbung. Sie nutzte ausschließlich die Pferde des Vereins einschließlich Sattel und Zaumzeug; die Pferde wurden durch den Verein versorgt und gepflegt. Sie zahlte auch kein Entgelt für die Nutzung der Reithalle. Die Höhe der Vergütung war durch die Nachfrage der Mitglieder und die Hallenzeiten begrenzt und konnte weder durch einen größeren Arbeitseinsatz noch durch eigene Investitionen gesteigert werden.
  • Die Reitlehrerin war in die Arbeitsorganisation des Vereins eingegliedert. Sie musste die Hallenzeiten mit dem Verein und den Mitgliedern abstimmen. Die Hallenbelegung erfolgte durch Absprache aller Beteiligten. Für die Reitschüler war auch nicht erkennbar, dass sie als selbstständige Reitlehrerin tätig war.
  • Die Stundenvergütung war für eine qualifizierte Trainerin im Reitsport relativ niedrig, was als ein – wenn auch nicht gewichtiges – Indiz für eine abhängige Beschäftigung angesehen werden kann.
  • Dass der Reitlehrerin die Möglichkeit eingeräumt wurde, für andere Auftraggeber tätig zu sein, ist kein maßgebliches Kriterium für eine selbstständige Tätigkeit. Auch Teilzeitbeschäftigte können nämlich nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig sein.

Für eine Selbstständigkeit sprachen nach Auffassung des LSG lediglich die Freiheiten bei der Ausübung der Tätigkeit. Sie war nicht an bestimmte Arbeitszeiten gebunden, es bestand keine Anwesenheitspflicht, sie konnte Terminvereinbarungen - im Rahmen der vorab festgelegten Hallenzeiten - mit den Reitschülern treffen und führte den Reitunterricht inhaltlich weisungsfrei durch.

Hinweis   Fehleinschätzungen zur Selbstständigkeit von Trainer/innen, Übungsleiter/innen und Lehrkräften sind in Vereinen eher die Regel als die Ausnahme. Die Vereine riskieren dabei Nachzahlungen bei Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen.

Beachtet werden muss auch, dass selbstständige Lehrkräfte in der Rentenversicherung beitragspflichtig sind. Diese Versicherungspflicht trifft allerdings die Lehrkräfte selbst, nicht den Auftraggeber.

In der Summe sollte deswegen geprüft werden, ob die Kombination aus Minijob und Übungsleiterfreibetrag nicht ohnehin zu einem günstigeren Ergebnis führt. Immerhin sind so Zahlungen bis 788 € pro Monat möglich. In jedem Fall ist der Verein dann auf der sicheren Seite.