Steuerfortentwicklungsgesetz & Abschaffung Gebot der zeitnahen Mittelverwendung

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Mit dem Referentenentwurf des zweiten Jahressteuergesetzes 2024 vom 10.07.2024 plant der Gesetzgeber überraschend eine einschneidende Änderung für gemeinnützige Einrichtungen: Das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung soll vollständig abgeschafft werden.

Quelle Entwurf des "Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs (Steuerfortentwicklungsgesetz)

Gebot der zeitnahen Mittelverwendung soll abgeschafft werden

§ 55 Absatz 1 Nr. 5 Abgabenordnung (AO) soll dazu ersatzlos gestrichen werden. Weil damit auch die Ausnahmen vom Gebot der zeitnahen Mittelverwendung entfallen, werden auch die Regelungen zu gemeinnützigkeitsrechtlichen Rücklagen gestrichen, d.h. § 62 AO wird aufgehoben.

Der Wegfall der zeitnahen Mittelverwendung soll ab dem 1. Januar 2025 gelten. Damit entfällt auch die Nachweispflicht für bisher gebildete Rücklagen, insbesondere auch die Unterscheidung von gebundenen und freien Rücklagen. Das gilt auch für eventuell bisher gebildetes Vermögen, das unter Umgehung der steuerlichen Regelungen nicht als zulässige Rücklage oder Vermögenszuführung ausgewiesen war.

Die geplante Abschaffung der zeitnahen Mittelverwendung hätte weitreichende Folgen für gemeinnützige Organisationen:

  • Betriebsmittelrücklagen zur Sicherung der laufenden Liquidität sind zeitlich nicht mehr begrenzt und müssen nicht mehr näher begründet werden.
  • Eine Abgrenzung von konkreter Verwendungsplanung (zweckgebundene Rücklagen) und allgemeinen Vermögensaufbau (freie Rücklagen und Vermögenszuführungen) ist nicht mehr erforderlich.
  • Es muss nicht mehr unterschieden werden zwischen laufenden Einnahmen und Veräußerungsgewinnen (die im Rahmen der Vermögensverwaltung nicht zeitnah verwendet werden müssen).
  • Die Investition in wirtschaftliche Geschäftsbetriebe wird erleichtert; die nachhaltige Erwirtschaftung von Eigenmitteln damit verbessert.
  • Die Kapitalausstattung von Tochtergesellschaften wird vereinfacht. Das gilt insbesondere auch für die Ausgründung von Zweckbetrieben.

Die Gesetzesbegründung verweist hier auf die allgemeinen gemeinnützigkeitsrechtlichen Vorschriften, insbesondere auf den Grundsatz der Ausschließlichkeit nach § 56 AO. Damit soll sichergestellt sein, dass es zukünftig in Extremfällen nicht zur Entstehung steuerbegünstigten Körperschaften kommt, die Mittel ansparen, ohne diese dazu zu verwenden, ihre satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen.